Leïla, als ich dich kennenlernte, ist mir deine positive Ausstrahlung aufgefallen.
Ja, ich war schon immer positiv eingestellt, seit meiner Krebserkrankung hat sich das noch verstärkt. Als ich die Diagnose erhielt, wurde mir der Boden unter den Füssen weggerissen. Diesen Ausdruck kennt man aus Erzählungen allzu gut, aber ich habe es am eigenen Leib erfahren. Meine positive Einstellung hat mir geholfen, Zuversicht zu bewahren und die Herausforderungen entschlossen anzugehen.
Du bist mit 20 Jahren an einem Dottersacktumor, einer seltenen Art von Eierstockkrebs, erkrankt.
Wie fühlst du dich heute?
Heute bin ich gesund und unglaublich dankbar dafür! Ich lebe im Bewusstsein, dass nichts selbstverständlich ist. So niederschmetternd eine solche Diagnose sein kann, sie öffnet auch die Augen für die wichtigen Dinge im Leben, die man paradoxerweise erst dann wertschätzt, wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht. Für diese Erkenntnisse bin ich dankbar.
Was hat dir während der Therapie geholfen, die schwierige Zeit zu überstehen?
Die Unterstützung meiner Familie und Freunde war eine sehr wertvolle Energiequelle. Zudem habe ich bewusst Dinge in meinen Alltag eingebaut, die mir Kraft gaben – auch wenn aufgrund der Erschöpfung und der Nebenwirkungen nur kleine Schritte möglich waren. Weiter hat mir die umfassende Information über meine Krankheit geholfen. Während der Chemotherapie achtete ich auf meine Ernährung, nahm Akupunktur und Komplementärmedizin in Anspruch und besuchte Achtsamkeitskurse der Krebsliga Bern. Ich bin überzeugt, dass Betroffene selbstwirksam die Lebensqualität und den Genesungsverlauf positiv beeinflussen und damit eine gewisse Kontrolle behalten können.
Was war die grösste Herausforderung für dich?
Die Zeit nach Abschluss der Behandlungen. Plötzlich ist man auf sich gestellt und aus dem engmaschigen Netz aus Arztterminen und Spitalaufenthalten entlassen. Man gilt als krebsfrei und gesund, doch gleichzeitig kämpft man mit Erschöpfung und den Folgen der Therapie. Sobald die Haare wieder zu wachsen beginnen, hat das Umfeld das Gefühl, alles sei wieder wie vorher. Doch alles hat sich verändert: meine Sicht aufs Leben, meine Prioritäten und meine Bedürfnisse. Mein neues Leben musste nun Platz finden in einer Welt, deren Rhythmus nicht mehr dem meinen entsprach.
Du hast immer wieder Veranstaltungen der Krebsliga Bern besucht. Was war der Gewinn?
Das Achtsamkeitstraining ermöglichte mir, auf meine Bedürfnisse und meinen Körper zu hören und mich weiterhin mit meiner Krankheit auseinanderzusetzen. Die Veranstaltungen der Krebsliga Bern bieten mir zudem eine Plattform des Austauschs. Im Gespräch mit anderen Betroffenen können Erfahrungen geteilt und Unsicherheiten angesprochen werden. Ich habe wertvolle Freundschaften und Bekanntschaften geschlossen, auch bei den tollen Koch- und Malkursen, beim Segeln auf dem Thunersee oder dem Rudern auf dem Wohlensee – ein absolutes Highlight! Beim Aareböötle lernte ich Betroffene in meinem Alter kennen, was besonders wertvoll war. Es sind Freundschaften fürs Leben entstanden. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei der Krebsliga Bern bedanken für dieses breite und tolle Angebot.
Hast du einen Tipp, ein Anliegen an uns als Krebsliga Bern?
Mir ist es ein Anliegen, dass die wichtige und wertvolle Arbeit der Krebsliga noch bekannter wird. Es sollten vermehrt auch Nichtbetroffene auf die Tätigkeit der Krebsliga aufmerksam gemacht werden, denn Krebs wird immer noch tabuisiert, obwohl er mittlerweile eine Volkskrankheit ist und viele direkt oder indirekt davon betroffen sind – weshalb also nicht offen über Krebs sprechen?
Leïla Oujjat hat mit 20 Jahren die Diagnose Eierstockkrebs erhalten. Nach zwei Operationen und einer Chemotherapie geht es ihr heute gut. Sie studiert Medizin und lebt in der Stadt Bern. Leïla war Klientin der Krebsliga Bern und nimmt bis heute an diversen Kursen und Veranstaltungen teil.
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