Seit fünf Jahren bist du Geschäftsführerin der Krebsliga Bern. Was hat dich damals zu dieser Aufgabe bewegt?
Ich hatte beruflich immer schon viel mit Nonprofit-Organisationen im Gesundheits- und Sozialwesen zu tun. Sie erbringen wertvolle Leistungen, die weder der Staat noch die Privatwirtschaft abdecken. Diese Schnittstelle hat mich gereizt, und ich habe mich gezielt weitergebildet. Die Krebsliga Bern hat mich sofort angesprochen. Ihr Angebot ist für Betroffene und für die Gesundheitsversorgung insgesamt von großer Bedeutung. Als ich die Stellenausschreibung sah, wusste ich: Da will ich hin!
Wenn du auf die letzten fünf Jahre zurückblickst, was waren die wichtigsten Themen?
Unsere Kernaufgabe, der Beratung und Unterstützung von Krebsbetroffenen und ihren Nahestehenden stand die letzten fünf Jahre im Zentrum. Wir investierten in die Weiterentwicklung und die Qualitätssicherung. Wir haben die Zusammenarbeit mit den Spitälern ausgebaut, und etwas andere Schwerpunkte gesetzt. Wir fokussieren stärker auf Beratungen von Menschen nach einer Krebserkrankung, da die Rückkehr in den Alltag oft herausfordernd ist.
Kurse und Workshops haben wir reduziert, da die Nachfrage gesunken ist. Dafür haben wir neue Vortragsreihen ins Leben gerufen und Räume für den persönlichen Austausch geschaffen, wie unser «Znüni» an der Schwanengasse. Zudem investieren wir mehr in Gesundheitsförderung und Prävention – immerhin lassen sich 40% der Krebserkrankungen durch einen gesunden Lebensstil vermeiden. Wo immer möglich setzen wir auf Kooperationen. Wenn wir unsere Kräfte bündeln, erreichen wir mehr.
Und wie geht es weiter?
Die bedarfsgerechte Beratung bleibt unser Fokus. Wir wollen die Zusammenarbeit mit Spitälern und anderen Nonprofit-Organisationen, etwa mit den anderen Gesundheitsligen, verstärken. Und damit einen Beitrag zu einer ganzheitlichen Gesundheitsversorgung leisten. Auch die Kommunikation soll gestärkt werden. Krebsbetroffene und Nahestehende sollen uns kennen und wissen, wo sie Unterstützung finden. Wir werden in Zukunft auch enger mit anderen kantonalen Krebsligen zusammenarbeiten. Gemeinsam sind wir stärker: wir können unser Angebot weiterentwickeln, gegenseitig von unserem Knowhow profitieren und Kosten teilen.
Was motiviert dich jeden Tag aufs Neue?
Drei Dinge:
- Wir machen einen Unterschied. Eine Krebserkrankung reisst Betroffenen den Boden unter den Füssen weg. Wir helfen ihnen, ihre Ressourcen zu mobilisieren und ihre soziale Situation zu stabilisieren.
- Mein Team ist mit Herzblut dabei. Hier macht niemand einfach nur «einen Job». Dieses Engagement spüre ich täglich.
- Es gibt viel Entwicklungspotenzial. Die Zusammenarbeit mit Spitälern und anderen Organisationen im Gesundheitswesen eröffnet neue Möglichkeiten. Langweilig wird es nie!
Was war deine grösste Herausforderung?
Mein Arbeitsbeginn bei der Krebsliga fiel mit dem Beginn der Pandemie in der Schweiz zusammen. Einerseits musste ich mich ohne Einführung in einem neuen Arbeitsgebiet und –umfeld zurechtfinden und gleichzeitig die Prozesse, Strukturen und die Infrastruktur an die Krise anpassen. Wichtig war mir, dass wir für Betroffene weiterhin erreichbar sind.
Dauerhaft herausfordernd sind die Finanzen. 95% unserer Mittel stammen aus Spenden, die jedes Jahr neu eingeworben werden müssen und nicht planbar sind. Das Spendenklima ist rauer geworden, was mir Sorgen bereitet.
Auch die Zusammenarbeit auf Verbandsebene mit den anderen kantonalen und regionalen Ligen und der Krebsliga Schweiz ist spannend und anspruchsvoll. Wir wollen ein hochwertiges Angebot für Krebsbetroffene in der ganzen Schweiz sicherstellen. Damit dies gelingt, braucht es gemeinsame Bilder, Fokus auf unsere Zielgruppe und manchmal einen langen Atem.
Welche Themen im Sozial- und Gesundheitswesen beschäftigen dich besonders?
Gesundheit und soziale Stabilität sind eng verknüpft. Hier auf der Geschäftsstelle der Krebsliga Bern wird mir dies jeden Tag vor Augen geführt: Eine stabile soziale Situation hilft bei der Krankheitsbewältigung. Ich engagiere mich deshalb mit Kolleg:innen aus anderen Nonprofit-Organisationen für einen Ausbau gesundheitsbezogener Sozialarbeit ein. Neben dem Mehrwert für die Betroffenen, entlastet es das Gesundheitswesen, wirkt kostendämpfend und hilft, den Fachkräftemangel abzufedern. Davon bin ich überzeugt.
Welche Werte leiten dich – beruflich und privat?
Auch hier in der Schweiz kommen wir mit ungleichen Startbedingungen auf die Welt. Ich sehe es als Aufgabe der Gesellschaft und der Politik, sozialen Ausgleich zu schaffen. Dies bedeutet unter anderem für chancengerechte Zugänge zu Bildung und Gesundheit zu sorgen. Dazu möchte ich beruflich und privat beitragen.
(März 2025)